ÄGYPTOLOGIE
INFORMATIONSBLATT
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DER
DEUTSCHSPRACHIGEN ÄGYPTOLOGIE

Projekte: FU Berlin

Industrielle Tätigkeiten in den Wohnbezirken: die Aufarbeitung der archäologischen und materiellen Hinterlassenschaften der häuslichen Werkstatt M50.14-16 in Amarna
Dr. Anna Hodgkinson (Projektleiterin)
Förderung durch die DFG: 01.04.2021 - Dieses Projekt befasst sich mit der Dokumentation und Kontextualisierung der archäologischen Stätte M50.14-16, einer häuslichen Werkstatt in der Südstadt von Tell el-Amarna (Amarna: das antike Achetaton in Mittelägypten, ca. 1353–1336 v. Chr.). Die Stätte stellt ein einzigartiges Beispiel einer häuslichen Werkstatt für die Herstellung von glasartigen Materialien auf Haushaltsebene dar, und füllt somit eine Wissenslücke bezüglich der industriellen Netzwerke Amarnas. Der Komplex wurde 1922 sehr rapide ausgegraben und nur sehr knapp dokumentiert, was dazu führte, dass bislang nur oberflächliche Vermutungen bezüglich der Wohnhäuser und ihrer Rolle als Zentrum für die Glasverarbeitung gemacht werden konnten. Rezente Ausgrabungen unter Leitung von Anna Hodgkinson brachten eine Fülle neuer archäologischer Daten über die Stätte, die sich aus dem Hauptwohnhaus (M50.16), dem Nebenhaus (M50.15) und äußeren Arbeitsbereichen (M50.14) zusammensetzt, zutage. Es wurden Überreste industrieller Aktivitäten entdeckt, welche zahlreiche Belege für die Verarbeitung von Glas, inklusive zweier Rohglasbarren, umfasst. Ferner wurden Nachweise für die Fayenceproduktion, die Metallverarbeitung und die Verarbeitung von Achat gefunden. Der Komplex spielte folglich eine wichtige Rolle in der industriellen Landschaft Amarnas, und möglicherweise dem internationalen Glashandelsnetzwerk der Spätbronzezeit. Im Rahmen des Projekts soll das Grabungsarchiv ausgewertet werden, um die Stätte und ihre bauhistorische Entwicklung zu rekonstruieren. Die Identifizierung von Aktivitätsbereichen wird durch eine Verteilungsanalyse der dort gefundenen Objekte anhand einer digitale Karte ermöglicht. Durch den Vergleich des ausgegrabenen industriellen Materials mit Objekten von anderen inner- und außerägyptischen Stätten sollen neue Informationen bezüglich sozioökonomischer Prozesse spätbronzezeitlicher Siedlungen, vor allem in Bezug auf die chaîne opératoire und die Organisation der Produktion gewonnen werden. Die Kontextualisierung der Stätte mit ihrem direkten Umfeld wird ein besseres Verständnis von M50.14-16 als urbane häusliche Werkstatt ermöglichen, deren Bewohner ihr Wissen innerhalb Amarnas austauschten. Der Vergleich des Werkstattkomplexes mit anderen urbanen und industriellen Stätten in Ägypten und dem vorderen Orient wird neue Informationen bezüglich der Aktivitäten der Hausbewohner auf Werkstattebene und in der Stadt allgemein liefern. Das Projekt wird an der Freien Universität Berlin (Ägyptologisches Seminar) angesiedelt, und in Kollaboration mit dem Amarna Projekt (University of Cambridge) mit einer Laufzeit von drei Jahren durchgeführt werden.
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Asyut - ein antikes Handelszentrum / Asyut – centre of ancient trade
Univ.-Prof. Dr. Jochem Kahl (Berlin) / Dr. hab. Prof. IMOC PAN Teodozja Rzeuska (Warschau) (Projektleitung); Dr. Andrea Kilian (wissenschaftliche Mitarbeiterin Postdoc, Berlin)
Förderung durch BEETHOVEN Classic 3: Deutsche Forschungsgemeinschaft & Narodowe Centrum Nauki: 01.01.2020 - 31.12.2022 Mit dem deutsch-polnisch-ägyptischen Gemeinschaftsprojekt „Asyut – ein antikes Handelszentrum“ wird die seit 2003 laufende erfolgreiche Feldarbeit auf dem Gebel Asyut al-gharbi am Westrand der mittelägyptischen Stadt Asyut fortgesetzt. Innerhalb der polnisch-deutschen Förderinitiative BEETHOVEN Classic 3 wird das Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Narodowe Centrum Nauki unterstützt. Partner sind die Freie Universität Berlin (Univ.-Prof. Dr. Jochem Kahl), die Polnische Akademie der Wissenschaften (Dr. hab. Prof. IMOC PAN Teodozja Rzeuska), die Universität Sohag und das ägyptische Ministry of State for Antiquitites. Ziel des Projektes ist, die Rolle Asyuts als Handelszentrum in pharaonischer und spätantiker Zeit herauszustellen und in ihren Ursachen wie Auswirkungen näher zu beleuchten. Archäologische Feldarbeiten, Objektstudien und Textrecherche stehen im Mittelpunkt der Arbeiten. Asyut, situated c. 375 km to the south of Cairo, on midway between two ancient Egyptian capitals Memphis and Thebes, was a political and cultural centre of Middle Egypt since the First Intermediate Period (c. 2100 BCE) at the latest, and remained such to the decline of the Pharaonic epoch. The city formed a part of the cultural memory of Ancient Egypt and also had a highly strategic importance thanks to its location. Moreover, during the Byzantine and Islamic Periods, Asyut played, and still plays, an important superregional role in Christianity. Asyut must also have been an important place on the map of the trade centres that took part in exchange already in the Antiquity. For the Pharaonic Period and Late Antiquity, the role of Asyut as a centre of merchandise became well-defined thanks the most recent research done by the project applicants on Gebel Asyut al-gharbi. The aim of the project is to clarify the role of Asyut as a hub of trade during Pharaonic and Byzantine Periods (i.e. 3rd millennium BCE to 1st millennium CE) as well as to reveal what factors had shaped this trade in particular historical epochs. The project will reconstruct the exchange of goods between Asyut and different countries/regions in Europe, Africa and Asia. It will show how closely connected the world was from the 2nd millennium BCE at the latest to the 1st millennium CE. It will help to understand the driving forces, the mechanism, and the consequences of the exchange of goods. The longue durée of the research subject will allow to show whether and how different religious and social environments in one and the same city had influence on international relations. With its interdisciplinary approach, the project will achieve results of a transdisciplinary interest in respect to archaeology, trade, economy, and urban history.
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Die Wirtschaft Assuans zwischen byzantinischer und frühislamischer Zeit auf Basis von Papyri, Ostraka, Inschriften und der archäologischen Evidenz
Dr. Stefanie Schmidt (Projektleiterin)
Förderung durch die DFG: 2019 - Im 7. Jh. n. Chr. kam Ägypten, wie viele andere byzantinische Provinzen, unter muslimische Herrschaft. Obwohl die lang dominierende Sicht, die arabische Eroberung habe das komplexe Wirtschaftssystem der Mittelmeerländer kollabieren lassen (Pirenne-These), in weiten Teilen widerlegt ist, konnte die Forschung noch nicht hinreichend klären, welchen direkten Einfluss die muslimische Expansion auf die Wirtschaft der eroberten Länder ausübte. Mikrostudien z.B. zu Syrien, Jordanien und Ägypten zeigten, dass mitnichten von einem allumfassenden Niedergang gewachsener Strukturen gesprochen werden kann. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Veränderungen, die administrative, wirtschaftliche wie auch kulturelle Bereiche betrafen, regional bedingt und mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten verliefen. Um diesen noch wenig erforschten Übergang von der byzantinischen zur frühislamischen Zeit zu untersuchen, sind weitere Studien nötig, die auf Basis der dokumentarischen Quellen transitive und transformative Prozesse vor, während und nach der Wasserscheide betrachten. Das Projekt über die Wirtschaft der südägyptischen Stadt Assuan setzt an diesem Punkt an. Die historisch angelegte Mikrostudie will disziplinen- und epochenübergreifend wirtschaftliche Veränderungen vom 5. bis 9. Jh. in einer Stadt analysieren, die als strategisch wichtiger Umschlagsplatz am Nil den Güter- und Sklaven-austausch zwischen Südafrika und dem Mittelmeer sowie dem Nil und dem Roten Meer kanalisierte. Assuan, eine Stadt an der südlichsten Grenze des byzantinischen und später muslimischen Reiches, bietet für eine Erörterung transitiver Prozesse bestmögliche Voraussetzungen: nicht nur fungierte Assuan von pharaonischer bis in die muslimische Zeit als Umschlagsplatz für Güter aller Art am Ersten Katarakt, was eine Untersuchung von Kontinuität und Wandel erst ermöglicht. Die seit mehr als hundert Jahren durchgeführte archäologische Erschließung der Region erlaubt zudem eine auf materiellen und schriftlichen Quellenfunden basierende Analyse wirtschaftlicher Prozesse, die in Entwicklungsstufen abgegrenzt und historischen Abläufen zugeordnet werden können. Das Projekt wird auf Basis der publizierten arabischen, koptischen und griechischen Papyri, Ostraka und Inschriften aus dem 5. bis 9. Jh. a) interne Parameter für den Aufschwung Assuans ausmachen und b) externe Einflüsse identifizieren, die hieran beteiligt waren. Das Projekt, das an der FU Berlin durchgeführt wird, wird jedoch über einen rein deskriptiven Ansatz hinausgehen: Neben der Analyse interner und externer Wirtschaftsfaktoren soll zudem c) über die Verbreitung assuanischer Handelsgüter und die Vernetzung handelnder Akteure der Integrationsgrad des Marktes Assuan an der Gesamtwirtschaft Ägyptens bewertet werden. Die Studie zu Assuan wird somit einen entscheidenden Beitrag zur Erforschung der Wirtschaft eines strategisch wichtigen Mittelmeerlandes in der Übergangszeit liefern.
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Altägyptische Philologie
Univ.-Prof. Dr. Jochem Kahl (Projektleiter)
Förderung durch die DFG: 01.10.2012 - 2024 Teilprojekt A02 "Altägyptische Philologie" am SFB 980 "Episteme in Bewegung. Wissenstransfer von der Alten Welt bis in die Frühe Neuzeit". Von ca. 1000 Pyramidentextsprüchen des Alten Reiches (2686–2125 v. C.) wird nur ein Teil im Mittleren Reich (2055–1650 v. C.) weiter genutzt, manche Sprüche werden aufgegeben. Es soll geklärt werden, welche Gründe zu diesem selektiven Transfer führten, welche Mechanismen dabei griffen, welche Akteure an der Entscheidung der Reduzierung des Textbestandes sowie an der Entscheidung der Neukontextualisierung bzw. Nicht-Neukontextualisierung einzelner Sprüche und Spruchfolgen beteiligt waren.
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Database and Dictionary of Greek Loanwords in Coptic (DDGLC)
Univ.-Prof. Dr. Sebastian Richter (Projektleiter)
Förderung durch die DFG: 2012 - 2024 Ziel des zur Fortsetzung beantragten Projekts Database and Dictionary of Greek Loanwords in Coptic (DDGLC) ist die systematische und umfassende lexikographische Erfassung und lexikologische Analyse eines umfangreichen antiken Lehnwortschatzes in den beiden Formaten einer elektronischen Datenbank und eines Bedeutungswörterbuchs. Das Griechische, seit dem 4. Jh. v.Chr. die wichtigste Verkehrssprache des östlichen Mittelmeerraums, war in Ägypten mehr als 1000 Jahr lang neben der Landessprache in Gebrauch. Als Schriftsprache dominierte es Verwaltung, Wirtschaft und Rechtswesen, Literatur und Wissenschaft und die schriftliche Kommunikation des Alltags. Der Kontakt des Griechischen mit dem ägyptischen Idiom der Zeit macht sich im Koptischen, der jüngsten Sprachstufe des Altägyptischen, durch mehrere Tausend Lehnwörter fast aller Wortarten und semantischer Bereiche geltend. Das Koptische ist eine der wichtigsten altchristlichen Literatursprachen. Als Sprache spätantiker Alltags-Texte ist es so gut wie sonst nur das Griechische selbst bezeugt. In der griechisch-ägyptischen Kontaktsituation liegt der wohl am breitesten und dichtesten dokumentierte Fall von Sprachkontakt und extensiver lexikalischer Entlehnung in der Antike vor. Das koptologische Jahrhundert-Desiderat der lexikographischen Erfassung und lexikologischen Analyse des griechischen Lehnwortschatzes im Koptischen hat über den Bereich der Ägyptologie/Koptologie hinaus exemplarische Bedeutung.
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Letzte Änderung: 23.03.2021